Ahnungslose Reporter in der Plagiatsaffäre Guttenberg

Die Plagiatsaffäre um Karl-Theodor zu Guttenberg hat nicht nur die Macht von Wikis, Facebook & Co. gezeigt – sondern auch, wie hilflos unsere Journalisten in der multimedialen Welt agieren.

Nachdem der britische Guardian 400.000 Dokumente über fragwürdige Ausgaben von Parlamentariern erhalten hatte, kam den Macher der Zeitung eine clevere Idee. Sie stellten die Papiere ins Internet und baten ihre Leser, die Inhalte nach Skandalen und Skandälchen zu durchforsten. Crowdsourcing nennt sich dieses System, das dem Guardian eine reiche Ausbeute bescherte. Wochenlang enthüllte das Blatt neue Details und zwang raffgierige Parlamentarier in die Knie.

Wieder eine Chance für den Journalismus verpasst

Was die Geschichte mit dem Fall KT zu tun hat? Ich habe mich gewundert, dass kein deutscher Verlag eine ähnliche Aktion gestartet hat. Eine Plattform, auf der Leser die Doktorarbeit des Ministers auf Plagiate untersuchen – wahrlich kein schwieriges Unterfangen für ein großes Verlagshaus.

Oder lag es weniger am Unwissen der Chefredakteure als an der Angst, sich dem Vorwurf des Kampagnen-Journalismus auszusetzen? Wie dem auch sei: Die Arbeit, die laut Grundgesetz die Medien leisten sollen, wurde wieder einmal von Amateuren bewältigt – im GuttenPlag Wiki. Wieder eine Chance auf kritischen, engagierten Qualitätsjournalismus vertan.

Handy-Trick eines n-tv-Reporters

Wie auch bei der Pressekonferenz, auf der Herr von zu Guttenberg seinen Rücktritt verkündete. Live-Kameras waren nicht zugelassen. Fürchtete der Noch-Minister um seine Contenance? Der Branchendienst Meedia berichtete später, dass es lediglich einem Journalisten von n-tv gelungen sei, den Ton der Rede Guttenbergs live ins Fernsehen zu bringen – per Handy. Meedia: „Dank der Handy-Idee eines Reporters waren n-tv-Zuschauer am Dienstag als einzige live dabei.“

Dabei sollte sich auch unter Journalisten herumgesprochen haben, dass Handys nicht nur zum Telefonieren taugen. Kennen Live-Reporter immer noch nicht kostenlose Streaming-Plattformen? Und deren Apps? Kleiner Tipp: mal bei Qik vorbeischauen.

Vielleicht sollten die Verlage eine Sammeldienstreise für ihre Manager und Chefredakteure nach Qatar organisieren. Zu Al Jazeera. Die Araber streamen sogar live auf Facebook. Und begeistern damit mehr als 400.000 Fans. So funktionieren Medien heutzutage – zu plagieren in Arabien.

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