Strategisch gesehen: Die News Site der Zukunft
Individuelle Nachrichten, individuelle Anzeigen: US-Verlage experimentieren mit Webseiten, deren Inhalte auf den jeweiligen Besucher abgestimmt sind. Gelingt das Experiment, dürften die Medienhäuser endlich zu ernsthaften Konkurrenten von Facebook, Google & Co. werden.
Für viele Surfer ist es schon so selbstverständlich, dass sie darüber nicht mehr nachdenken. Wer etwa seine Facebook-Seite öffnet, erhält personalisierte Nachrichten und Anzeigen. Enge Freunde tauchen häufiger und länger in der Meldungsspalte auf als entfernte Bekannte. Auch die Anzeigen in der rechten Spalte werden individuell ausgeliefert, abhängig von den Hobbys und den Suchergebnissen des Facebookers.
Und wie steht es um die News Sites der Medienhäuser? Verglichen mit den Netzwerken sind sie starr wie ein Amboss. Gleichgültig ob der Besucher zum ersten oder zum zehnten Mal an diesem Tag die Site besucht – der Inhalt ist stets für alle gleich. Meldung reiht sich an Meldung ohne Rücksicht auf die Interessen oder das Surfverhalten des Lesers.
Nein, ich will kein Auto kaufen
Gleiches gilt auch für die Anzeigen, die höchstens per Zufall die Interessen des Lesers treffen. Nein, ich will weder ein Auto kaufen noch interessieren mich die Vorzüge von Tetra Paks oder ein Australien-Urlaub (gerade die Topanzeigen bei spon.de, welt.de und faz.net).
Den Nachrichten-Webseiten fehlt ein Algorithmus, der die Inhalte individuell auf die Wünsche des Besuchers abstimmt. Automatisch und diskret. Ohne dass sich der User zuvor durch ellenlange Auswahlmenüs kämpfen muss.
Vorbild YouTube
Kaum Auszudenken welch‘ positiven Folgen ein solcher Algorithmus haben würde. Neue und personalisierte Inhalte dürften die Klickzahlen pro Besuch deutlich erhöhen und damit eines der großen Probleme von Nachrichtenseiten entschärfen: nämlich dass User nach wenigen Klicks wieder entschwinden. Ganz im Gegenteil zu etwa YouTube, die mit immer neuen, personalisierten Vorschlägen Besucher viel länger halten.
Verlage, die Leser länger binden, sind natürlich auch für Anzeigenkunden interessanter. Besonders wenn die Marketer zudem personalisierte Werbung schalten können. Damit würden Verlage ihre Position gegenüber Facebook & Co. erheblich verstärken. Und das tut Not, denn nach einer Studie der Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PWC) ist Online inzwischen der größte Werbeträger in Deutschland (Link siehe hier).
Erste Ergebnisse im Januar 2013?
Wer aber arbeitet nun an einem solchen Algorithmus? Ken Doctor vom Nieman Journalism Lab (Link siehe hier) berichtet, dass die New York Times und das Wallstreet Journal an der Technologie arbeiten. Erste Ergebnisse könnten im Januar 2013 zu sehen sein. Zu wünschen wäre das – ein Lichtblick für unsere Verlage, die sich immer noch so schwer tun mit der Transformation ins digitale Zeitalter.
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