Facebook wird zur Sackgasse für Medienhäuser

Eine Horror-Zahl für Medienhäuser: Um 42 Prozent ist die Reichweite ihrer Facebook-Posts gesunken – obwohl sie mehr veröffentlicht haben. Der einstige Traffic-Bringer positioniert sich offenbar gegen die Medienbranche: Facebook wird mehr und mehr zur Sackgasse.

Die Zahlen stammen von SocialFlow (Link siehe hier). Der Dienst wird von internationalen Medienhäusern wie AP, Disney oder New York Times genutzt, um zur optimalen Zeit  auf Social-Media-Kanälen zu posten. SocialFlow genießt einen sehr guten Ruf.

3000 Facebook-Seiten analysiert

Das Unternehmen hat kürzlich 3000 Facebook-Seiten analysiert und festgestellt, dass die Reichweite organischer – also unbezahlter – Posts dramatisch gesunken ist. Erreichte ein Post im Januar 2016 (statistisch)  noch 117.000 Fans, waren es im Mai knapp 68.000 – ein Einbruch um 42 Prozent! So sieht die dazugehörige Statistik aus, entdeckt bei SocialMediaToday (Link siehe hier):

Offenbar hat Facebook seinen Algorithmus  geändert.  Jim Anderson, CEO von SocialFlow, vermutet, dass Posts von Freunden in der Timeline wieder stärker präsent sein sollen (Link siehe hier). Denn das Engagement der Facebook-User ist in den vergangenen Monaten stark zurückgegangen.

Wer auf Facebook präsent sein will, muss zahlen

Doch noch eine andere Erklärung ist denkbar. Vielleicht ereilt die Medienbranche jetzt dasselbe Schicksal wie schon Industrie-Unternehmen: Wer auf Facebook präsent sein möchte, muss zahlen. Viel zahlen! Deutsche Verlagsmanager sprechen nicht gern darüber. Schon gar nicht offiziell. Doch inzwischen kaufen Nachrichten-Webseiten massiv Traffic bei Facebook ein. Traffic, der dann zu höheren Preisen an die Anzeigenkunden der Website weitergegeben wird. Ein lukratives Geschäft, dass aber langsam zur Neige gehen dürfte. Denn Facebook macht sich von Monat zu Monat unabhängiger von der Medienbranche.

Ein genialer Schachzug

Jüngstes Beispiel: Facebook Live. Man muss es ganz offen sagen – ein genialer Schachzug! Facebook ist zum ersten, weltumspannenden TV-Sender geworden. Keine Redaktion wird sich Live-Berichten entziehen können. Facebook wird endgültig zu einem gigantischen Medienhaus – und zwar ohne selbst Inhalte produzieren zu müssen. Eine strategische Meisterleistung, die das Unternehmen noch unabhängiger von einzelnen Verlagen oder Fernsehstationen macht.

Was können Medienhäuser tun, um die Fesseln zu lockern, die Facebook gerade weiter zuzieht? Es bleiben nur zwei Wege:

  • Verlage müssen viel mutiger  Formate für Facebook entwickeln – journalistische und kaufmännische. Ein wunderbares Beispiel sind die Social-Media-Aktivitäten von BILD. Gestern startete dort „Town Hall“, ein live gestreamter Polit-Talk zu aktuellen Themen. Mehr als eine halbe Millionen Menschen sahen bisher zu (Stand 10. Juni, 12 Uhr). Wer schnell attraktive Formate entwickeln und umsetzen kann, wird weiterhin Fans erreichen. Und dies auch monetarisieren können, wie dies BILD übrigens mit seinen Brand Stories vormacht (Link siehe hier).
  • Es muss viel, viel mehr Kraft und viel, viel mehr Geld in die Homepage fließen. Social-Media-Dienste kommen und gehen, die Homepage bleibt – trotz Buzzwords wie „Homeless Media“. Nur dürfen Homepages nicht so lieblos und spartanisch behandelt werden wie in den meisten Medienhäusern. Statt große Etats bei Facebook zu platzieren, sollten lieber die eigenen Sites gestärkt werden. Schließlich ist mir der kleine, feine Italiener um die Ecke auch lieber als die Großkantine im Einkaufszentrum.

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